Konzept zum Projekt
Verflixte Schönheit
Agnes Koller


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Veranstalter:
Museum Arbeitswelt
Mag. Christa Nowshad/Abteilung für Vermittlung und Kommunikation

1. "Gesundheitsförderung als alltägliche Herausforderung"

1.1. Definitionen:
Gesunden Menschen gelingt es, auf Krisen und Schwierigkeiten adäquat zu reagieren, das heißt Infektionen abzuwehren, persönliche Probleme zu lösen, Formen des Körperkults, die uns Werbung und Medien vorgeben, kritisch zu betrachten " und somit auf Herausforderungen unserer Zeit einzugehen und mit der Zeit damit umzugehen.
Das Phänomen Schönheit wird bei diesem Projekt als ein Thema der Gesundheitsförderung präsentiert.
Gesundheit und Schönheit " beides sind facettenreiche Begriffe, die körperliche, psychische und soziale Komponenten verbinden.
Schönheit hat etwas "Verflixtes". Das Gefühl, einem Schönheitsideal entsprechen zu müssen, kann frustrieren und krank machen.
Diäten und Essstörungen wie Magersucht und Bulemie aber auch der "Fitnesswahn" sind Anzeichen dafür.
Auf der anderen Seite bringt es Freude und Wohlbefinden, sich schön zu fühlen, denn Schönsein ist ein menschliches Grundbedürfnis. Und selbstbewusster Umgang mit der eigenen Schönheit kann zu umfassendem Wohlbefinden beitragen.
Wir nehmen an, dass Schönheit ein weibliches Thema ist, dass also Frauen prompter darauf reagieren. Inzwischen zieht jedoch die Männerwelt kräftig nach.

1.2. Zur gesellschaftlichen Situation:
Fest steht, dass wir in einer medial forcierten Lifesyle-Gesellschaft leben und der bestehende Körperkult unterstützt von Werbung und Medien bei einem Großteil von Frauen zu einem wahren Schlankheitsfanatismus führt.
"Die Bedeutung weiblicher Körperlichkeit hat gegenwärtig einen Punkt erreicht, der jede Methode (in ständiger Zunahme auch die in höchstem Ausmaß gesundheitsschädlichen Essstörungen) rechtfertigt, Schlankheit zu erkaufen," meint Daniela Knieling von der Uni Wien.
In ihrer Arbeit bildet die Fragestellung ob Werbung und Medien Einfluss auf Essstörungen haben, die Basis. Das weibliche Schlankheitsideal erwies sich in beiden untersuchten Gruppen als stark dominante, verinnerlichte Form.
Auch wenn sie sich mit Frauen- und Männeridealen in den Medien ect. nicht identifizieren können, haben Schönheitsideale dennoch Erfolg, weil sie mit den Sehnsüchten nach Anerkennung, Liebe und Erfolg arbeiten.
Günther Rathner von der Uni Innsbruck bezeichnet dies als Kolonisierung des Körpers und stellt das 19. und 20. Jhd. gegenüber.
"Die Kontrolle des Körpers hat sich dramatisch geändert, als Adressat bleibt vorwiegend noch immer der weibliche Körper.
Das 19. Jhd. bevorzugte traditionelle Wege wie Mode, Korsett, Etikette und Körpersprache.
Demgegenüber zielt das 20. Jhd. auf die ( techno- ) logische Kontrolle, eine Regelung von innen, z.B. Essstörungen, Diätregimes, Pillen, Bodystyling, plastische Chirugie ab. Alle diese Interventionen zielen auf das Sichtbare, die Körperoberfläche.
Überrraschenderweise wird in westlichen Gesellschaften, die den Individualismus preisen eine Standardisierung ( Mc Donaldisierung ) bevorzugt: Kosmetische Operationen bevorzugen die Gleichheit, fast wie Klonen."

Im Vergleich dazu leiden junge Männer nicht so sehr unter dem Modediktat, dafür umso mehr unter dem ständigen Druck, sich und ihre Männlichkeit beweisen zu müssen.
Da sie nicht über direkte Erfahrungsmöglichkeiten wie Mädchen und Frauen verfügen (z. B.Menstruation, Schwangerschaft), ist ihr Körperbewusstsein ein distanzierteres.
Dementsprechend ist der Körperkult vielmehr mit Leistung verbunden (Sport), als mit Anmut und Erotik beim weiblichen Geschlecht.
Werden Leistungsnormen nicht erfüllt, so reagieren Männer psychosomatisch:
So sind 75% der Bettnässer männlich.
Bemerkenswert ist, dass die heutigen Jugendszenen sich in Message- und Styleszenen unterscheiden: Während die letzteren Körperlichkeit, Outfit und Design betonen, legen Angehörige der Messageszenen eine betonte Abwehr von Modeidealen zur Schau (Tiefhängende Hosen bei Hip-Hopern und Skatern).
Auch auf diesen Unterschied wird das Projekt ein Augenmerk legen.

2. Projektziele:

  • Kritische Auseinandersetzung mit Schönheitsidealen
  • Schärfung des Problembewusstseins
  • Förderung kreativer Potentiale
  • Stärkung des Selbstwerts durch kreative Prozesse und die öffentliche Anerkennung der entstandenen Produkte
  • Ermutigung, den eigenen Körper anzunehmen und selbst-bewusst körperlich zu sein
  • Öffentliche Auseinandersetzung mit den Zusammenhängen zwischen Schönheitsidealen, Eigenständigkeit und Gesundheit

 

3. Methodischer Ablauf des Projektes:
Der Verein "anstiftung" " gemeinnützige Forschungsgesellschaft (Soziale Erfindungen für eine menschliche Zukunft) hat den Titel "Verflixte Schönheit" in eine Wanderausstellung verarbeitet, die in Deutschland durch viele Städte ging.
Die Inhalte der Ausstellung werden an Schulen in Form eines "Didaktischen Koffers" weiter verbreitet. Dieser Koffer soll nun Arbeitsgrundlage für die PädagogInnen und Jugendarbeiter sein, sich mit diesem Thema vertraut zu machen und den Jugendlichen näherzubringen.
In Form von Workshops soll anschließend in Schulen und in der offenen Jugendarbeit mit den Jugendlichen auf kreativem Weg (Foto, Film, Radio, Plastik, Malerei, Tanz, Performence, TexteÖ), eine intensivierte und anregende Fortsetzung gefunden werden.
Dabei soll ihnen zum einen die Möglichkeit der Auseinandersetzung mit sich und ihrem Körper geboten werden; zum anderen wird das persönliche und gemeinschaftlich-kreative Potential zum Fließen gebracht und in der Herstellung von Ausstellungsmaterial umgesetzt.
In der folgenden öffentlich zugänglichen Ausstellung können interessierte Einzelpersonen und Gruppen sich durch die entstandenen Exponaten der Jugendlichen sich zur eigenen Beschäftigung mit dem Thema anregen lassen.

4. Zeitablauf:

  • 20. April: Projektbeginn/Impulsreferat
    Schulen/Jugendarbeiter mit Einsatz des "Didaktischen Koffers"
  • Mai + Juni: Vorbereitung der Workshops mit PädagogInnen und Jugendarbeitern (Ideenpool, Materalien, Räumlichkeiten...) Austellungskonzept
  • Juli: Erste Juliwoche Kreativ-Workshops (3- tägig) Pressemappe vorbereiten, p.r. Folderentwicklung
  • September: Anfang September " Ausstellungsaufbau, Werbung
  • 21. September: Ausstellungseröffnung
  • bis 12. Oktober: Austellung
  • 15. Oktober: Dokumentation und Abschluss

Projektbericht

Titel/Thema "Verflixte Schönheit" Wie werde ich Schönheitsexperte?

Datum/Dauer 2.7.-4.7.2001 jeweils 9-14Uhr

Leitung: Mag.Peter Nöbauer

TeilnehmerInnen:

  • Emanuel Huemer
  • Monika Hohner
  • Iris Klaffer
  • Bettine Kitzberger
  • Agnes Kathra

Inhalt/Ziele
Wahrnehmung,Körpererfahrung und Körperarbeit des Menschen durch praktische handwerkliche Abgüsse des eigenen Körpers und die anschließenden schönheitschirurgischen Operationen an den Abgüssen sollen Aufschlüsse über individuelle und objektive Kriterien für innere und äußere Schönheit ergeben.

Methode:
handwerklich und künstlerische Arbeit in Verbindung mit inhaltlich kulturhistorischen Bildbetrachtungen

Ablauf:
Gipsabgüsse von Kopf, Arm, Hand und Fuß
Schönheitschirurgische Operationen, Transplantationen
Konzepte zur Präsentation für museumspädagogische Ausstellung

Ergebnisse/Erfahrungen/Feed Back
Die SchülerInnen wurden da abgeholt, wo sie in ihrer künstlerisch-praktischen Arbeit von ihrem Werklehrer hingeführt worden waren (freie Gestaltung eines Kopfes und freie Arbeiten mit Gips).
Es wurde der Respekt vor dem menschlichen Antlitz geweckt und die Schönheit des indivieduellen Gesichtes erforscht.
(Es war kein Wunsch vorhanden, das Gesicht zu verändern oder zu verfremden, was in der Schule beim Foto des eigenen Gesichtes kein Problem war, war bei dem eigenen realitätsnäheren Kopfabguss nicht möglich.

Die SchülerInnen waren mit Ausdauer und Engagement bei der Arbeit und brachten viele Fragen und anregende Gedanken ein, wie aus den übergebenen Fotodokumentationen und Präsentationsideen zu sehen ist.